
Ronnie und die Sterne — Ronald Reagan
»All diese Änderungen im Zeitplan des Präsidenten, die schwarz auf weiß vorliegen, wirken sinnlos ohne eine Erklärung. Es war Astrologie. Sie war ein täglicher, manchmal auch stündlicher Faktor bei jeder Entscheidung.«
Don Regan, Stabschef des Weißen Hauses (1985)
3. Mai 1988: Die Rache seines Exstabschefs trifft U.S.-Präsident Ronald Reagan hart und unvorbereitet. Mehrere Zeitungen bringen einen Vorabdruck aus dessen Memoiren. Donald Regan ist nicht der erste enttäuschte Reagan-Mitarbeiter, der seinen Frust öffentlich macht. Aber noch nie zuvor hat jemand einen Präsidenten derart der Lächerlichkeit preisgegeben. Schon auf der allerersten Seite lässt der gekränkte Politpensionär die Katze aus dem Sack:
»Nahezu jeder wichtige Schritt und jede Entscheidung der Reagans während meiner Amtszeit als Stabschef des Weißen Hauses wurden vorher mit einer Frau in San Francisco abgestimmt, die Horoskope berechnete, um sicherzustellen, dass die Konstellation der Gestirne für das jeweilige Unternehmen günstig war. Nancy Reagan schien absolutes Vertrauen in die Fähigkeiten dieser Wahrsagerin zu haben. Kurz vor dem Attentat von 1981 hatte sie prophezeit, dass dem Präsidenten >irgendetwas Schlimmes< zustoßen würde. Vor diesem Zeitpunkt hatte Mrs. Reagan einen anderen Astrologen konsultiert. Doch nun glaubte sie, dass dieser seine Kräfte verloren habe. Die Frau in San Francisco wurde von der First Lady immer als >meine Freundin< bezeichnet. Obwohl ich die Seherin nie persönlich kennenlernte — Mrs. Reagan übergab mir ihre Prophezeiungen immer selbst, nachdem sie mit ihr telefoniert hatte — wurde sie für meine Arbeit und die Staatsgeschäfte zu einem so bedeutsamen Faktor, dass ich auf meinem Schreibtisch schließlich einen farbigen Terminkalender liegen hatte: Die guten Tage waren grün, die schlechten Tage rot und die ungewissen Tage gelb markiert. Ich brauchte diese Gedächtnisstütze, um zu wissen, wann es günstig war, den Präsidenten der Vereinigten Staaten von einem Ort an einen anderen zu bringen, für ihn einen Auftritt in der Öffentlichkeit einzuplanen oder Verhandlungen mit einer ausländischen Macht aufzunehmen. «
Die zielsicher platzierte Indiskretion schlägt ein wie eine Bombe. Der mächtigste Mann der westlichen Welt glaubt an Hokuspokus? Ausgerechnet der, der die Welt mit einem Druck auf den roten Knopf in Schutt und Asche legen kann, lässt sich von Esoterikern herumkommandieren? Fast jede Zeitung der Vereinigten Staaten bringt die Story auf der Titel-seite, auch in Europa diskutieren sich zahllose Talkshowgäste die Kehlen wund. Dieser Hype überrascht insofern, als die Reagans nicht die ersten Sternenfreunde im Weißen Haus sind. Schon die amerikanische Unabhängigkeitserklärung wurde erst unterschrieben, als die astrologische Konstellation günstig schien.25° Und von Teddy Roosevelt ist bekannt, dass er sein Horoskop unter dem Schachbrett aufbewahrte, um es schnell zur Hand zu haben. Auch einige der Präsidentengattinnen suchten Rat bei Astrologen und Wahrsagern. Wie Edith Wilson empfing Florence Harding die Sterndeuterin Marcia Champney. Diese ließ sie über eine Hintertür ins Weiße Haus einschleusen, damit die Treffen geheim blieben und der Präsident nicht in Misskredit kam. Waren die Konstellationen nach Meinung der Vertrauten gefährlich, sorgte Mrs. Harding jedoch konsequent dafür, dass die Termine ihres Mannes geändert wurden. An »ganz schlechten Tagen« bestand sie sogar darauf, dass er das Weiße Haus verließ und woanders Schutz suchte.251 Betty Ford hoffte ebenfalls, die Zukunft ihres Gatten aus den Sternen zu erfahren und konsultierte dafür Laurie Brady aus Chicago. Und selbst Richard Nixon stand über seine Sekretärin in Kontakt zu derjenigen Astrologin, die zuvor schon von Franklin Roosevelt konsultiert worden war. Er empfing die Dame nachweislich sogar mindestens einmal (am 4. Mai 1971) im Oval Office. Die Reagans befinden sich also in allerbester Gesellschaft. Trotzdem werden die Schlagzeilen schnell zum Skandal.
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