Die Entstehung und das Eingebundensein der Polarität, der Tria Principia (Sulphur, Sal, Mercurius), der vier Elemente oder auch die Schöpfungsgeschichte und andere Lebensprinzipien begleiten die ewig währende Ordnung des Tierkreises. In gekonnter Weise beschreibt der Autor die vielfältigen Verflechtungen zwischen den Prinzipien.
Im zweiten Teil erweitert er die Perspektive und wendet er sich der griechischen Götterwelt zu. Jedes Tierkreiszeichen ist das Abbild einer Gottheit die, mit weiteren göttlichen Gestalten im Gefolge, als tragende Kraft eines Gefüges waltet. Damit ist Horoskop ist nicht nur als ein technisches Deutungsinstrument zu verstehen, sondern als ein Ausdruck des Mythos »in der« Zeit und »als« Zeit.
Wechselwirkung
Im aristotelischen Sinne stellt sich das Wirken des „mundanen Tierkreises“ als ein „Vermögen“ und „Können“ dar. Der Zodiak beschreibt, „warum“ und „woher“ die Dinge etwas aus sich bewirken und gleichzeitig an sich etwas erfahren können. Dies geschieht nicht nur als Gesamtheit der durch den „mundanen Tierkreis“ nach außen hin hervorgerufenen Geschehen oder Begegnungen, sondern ist auch innerhalb des Horoskops ein in Wechselwirkung ablaufender Prozess.
So bedingen die Häuser sich gegenseitig. Ähnlich der daoistischen Naturbeschreibung, wo die fünf Elemente Feuer, Wasser, Erde, Metall und Holz einem Nährungs-, Schwächungs-, Kontroll- und Schädigungszyklus unterliegen, interagieren auch die Häuser des Tierkreises. Es hat sich gezeigt, dass das vorhergehende Haus immer der Grund oder die Ursache für das nachfolgende ist, sowie dass das nachfolgende schon sein vorhergehendes Haus zur eigenen Werdung hervorruft. Das nachfolgende Haus initiiert seine Geburt durch das vorhergehende.
Jedes Haus entwickelt sich laufend, ruft seine Begrenzung sowie seine Möglichkeiten durch das nächste Haus hervor – es modifiziert sich während seiner Werdung. Die Eigenart nebeneinander liegender Häuser wirkt zwar durch ihre Fremdheit stimulierend, abstoßend und Eigenart fördernd – solange diese Grenzen gewahrt bleiben – ist aber bei untrennbarer Gemeinsamkeit unvereinbar (siehe z.B. Wassermann und Steinbock oder auch Löwe und Jungfrau).
Gleichzeitig zeugt das vorhergehende Haus das nachfolgende neu, welches wiederum sein vorhergehendes Tierkreiszeichen zu seiner Entstehung, abermals aus dessen vorhergehendem Haus, heraussaugt, es sich gebären lässt.
Obgleich also im Horoskop prinzipiell immer alles gleichzeitig abläuft, alles immer wieder neu ist – und alles aber schon immer gewesen war – ist eine Hierarchie im zeitlich-gegenwärtigen Geschehen wirksam, und zwar nicht nur in der Reihenfolge, ausgehend vom Widder zu den Fischen, sondern z.B. auch als Wechselwirkung zwischen aneinandergrenzenden oder gegenüberliegenden Häuser oder Quadranten – eine Art sich gegenseitig widersprechender Ähnlichkeit.
Das Wirken der Bildekräfte innerhalb des Tierkreises findet des Weiteren auch zwischen den drei folgenden Bestandteilen eines Horoskops statt, auf die aber nicht eingegangen wird:
- dem Aszendenten und seinem Planeten – dem eigenen Vermögen. Wo ist der eigene Standort und „was“ soll verwirklicht werden?
- dem Standort der Sonne mit dem Tierkreiszeichen Löwe – der anzeigt, „wie“ das Horoskop verwirklicht werden kann – als Art der Verwirklichungsebene,
- und dem Medium Coeli (MC) mit seinem Planeten, dem „unabsichtlich Erwirkten“ (Wolfgang Döbereiner) – darunter ist die Orientierung hin zu einem Ergebnis zu verstehen, welches vorangestellt in jedem Augenblick, zum Schicksal werdend, mit dem eigenen Leben konform geht. Auf die Erfüllung des MC strebt das gesamte Wirken des Erdenlebens zu, ja gleichsam wird es gezogen, wird Bestimmung.
Nie ist Stillstand, laufend werden neue Bewegungen hervorgerufen, immer entsteht, durch Kontraste in der Gesamtkomposition neues Leben. Ja, die Kontraste sind es, die Spannkraft und Gang hervorbringen.
Der Anfang gebiert das Ende, das Ende zeugt den Anfang. Es ist eine Dynamik des sich dauernden Auflösens und Wieder-Verdichtens.
Die Worte von Rudolf Steiner in seiner Autobiografie MEIN LEBENSGANG beschreiben den laufenden Strom der Verwandlungen wie folgt: „Wo die Gegensätze als ausgeglichen erlebt werden, da herrscht das Leblose, das Tote; … das Leben selbst ist die fortdauernde Überwindung, aber zugleich Neuschöpfung von Gegensätzen.“ (Rudolf Steiner, Mein Lebensgang, Seite 237).
Das Horoskop ist also nicht starr. In jedem Augenblick gestaltet und erschafft es sich neu. Aber nicht „neu“ im Sinne von etwas komplett anderem, sondern in jedem Augenblick reift das Horoskop – respektive der Eigentümer des Horoskops. Dieses äußert sich beispielsweise in sich ändernden Prinzipien der Begegnungen. Man sieht und trifft dann keine sogenannten bürgerlichen Menschen mehr, sondern eher das Gegenteil. Auch umgekehrt trifft dies zu. Personen des Umfelds stellen einen Persönlichkeitswandel fest. Die vorgegebene Ordnung des individuellen Horoskops ist nicht nur das Grundkonzept, sondern bietet durch Bewusstsein erkennbare Entwicklungsmöglichkeiten und Grenzen.
Peter Hochmeier schreibt im WEG DES SONNENFUNKENS: ,,In der Genese der natürlichen Dinge steht kein Element an absolut erster Stelle. Es scheint, also ob Alles schon ewig da wäre.“ Nur im Aufzeigen einer Entstehungschronologie können die Phasen voneinander geschieden werden.
Aristoteles wiederum sagt, dass die „dem Sein nach tatsächliche Wirklichkeit vorrangig ist vor der Möglichkeit“ und „es nimmt immer eine tätige Verwirklichung Zeit vor einer anderen vorweg, bis hin zu der dessen, das je in erst-unmittelbarer Weise den Veränderungsanstoß gibt.“ Für uns verständlicher ausgedrückt bedeutet das, dass der, der den Anstoß für eine Veränderung gibt, chronologisch vorhergehend ist.
Je tiefer man also eindringt, desto vielfältiger und verwirrender wird der sich als Tierkreis ausdrückende Mythos. Die Dinge der Natur sind kein technisch wohlgeordnetes Ganzes, sondern ein Bilderreigen. Niemals wirkt eine Kraft alleine ohne ihren Antagonisten. Es ist ein ewiges Fließen, alles ist voller Widersprüche und im ewigen Wandel begriffen.
Hier noch einmal Peter Hochmeier: „Im gesamten stofflichen Universum, im Mikro- und Makrokosmos, schließt jeder Zustand, jedes Ereignis, jede Position und jeder Aspekt eine grundsätzliche Polarität ein, sowohl in sich selbst, als auch in der Beziehung zu den anderen.
Ebenso setzt jedes Ereignis, jede Position sich selbst voraus, und wie man es auch dreht, immer scheint sich ‚die Katze in den Schwanz zu beißen’. Diese Verwobenheit der Kräfte ineinander ist im Bild des Ouroboros, als indirektes Zeichen der Natur, ausgedrückt. Dabei ist es müßig, dem nachzudenken, ‚was zuerst da war, die Henne oder das Ei’, oder war doch der Mond vor der Sonne da?“
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