Die Beschäftigung mit Lilith ist ein abenteuerliches, ja ein paradoxes Thema. Wir beschäftigen uns hier mit einem Himmelskörper, den es in der modernen Astronomie »offiziell« gar nicht gibt, sondern der nur als Geheimnis, nur als etwas nahezu Unsichtbares existiert: als unerklärlicher Schatten nämlich, der vor der Sonne vorüberzieht.Erste Sichtungen wurden am 2. September 1618 von dem italienischen Astronomen Riccioli und 82 Jahre später, am 7. November 1700, in Frankreich von den Astronomen Maraldi und Cassini berichtet. Es folgten verschiedene Sichtungen in den Jahren 1719 bis 1898, dem Jahr, in dem dieser geheimnisvolle Himmelskörper am 4. Februar von den deutschen Astronomen Waltemath in Wiesbaden und Ziegler in Greifswald beobachtet wurde.Es wird berichtet, dass Lilith nur in Konjunktion mit der Sonne oder in Opposition zu ihr sichtbar wird: Bei der Konjunktion wird sie meist als runder schwarzer oder dunkler Körper beschrieben und bei der Opposition als rötliche oder feurige Kugel. Anscheinend handelt es sich um einen Himmelskörper von bisher unbekannter Beschaffenheit, der etwa dreimal so weit von der Erde entfernt ist wie der Mond. Mit einer Umlaufzeit von etwa 4 Monaten umkreist er die Erde und legt dabei täglich 3 Grad und 2 Minuten auf dem Tierkreis zurück.Den Namen »Lilith« bekam dieser geheimnisvolle Himmelskörper im Jahr 1918 von dem Astrologen Sepharial* , der auch die ersten Lilith-Ephemeriden (für die Jahre 1854-1901) erstellte, während die neuesten Berechnungen von der amerikanischen Astrologin Delphine Jay stammen.(..)Im Jahr 1966 berichtet der russische Physiker, Mathematiker und Astronom Yuri Psovsky in den »Moscow News« über zwei natürliche Wolken- oder Staub-Erdsatelliten, die zusätzlich zum Mond die Erde umkreisten und von dem polnischen Astronomen K. Kordylewski in den Jahren 1961-1962 entdeckt worden seien:„Es ist außerordentlich schwierig, sie mit einem konventionellen Teleskop zu beobachten. Sie können nur in mondlosen Nächten beobachtet werden, und dann nur, wenn sie in einer Position genau in Opposition zur Sonne stehen und nicht in der Nähe der Milchstraße. Natürlich gibt es diese günstigen Bedingungen nicht oft (genug)“.Das Phänomen Lilith irritiert die Astronomen insofern, als sie nicht sagen können: »Es gibt sie nicht«, aber andererseits scheint sie sich nicht wirklich finden zu lassen.Unabhängig von ihrer astronomischen Sichtbarkeit oder Unsichtbarkeit sorgt Lilith aber auch in der Astrologie für Verwirrung: Seit einigen Jahren wird nämlich der Name Lilith für nicht weniger als drei verschiedene Phänomene verwendet:Zunächst also, wie bereits oben erwähnt, seit 1918 für den geheimnisvollen Himmelskörper Lilith, dem unsere Untersuchung gewidmet ist. Daneben wird seit einigen Jahren der Begriff »Lilith, der Schwarze Mond« für den zweiten Brennpunkt der Mondbahnellipse um die Erde gebraucht. Es handelt sich dabei also um einen errechneten Punkt und nicht um einen Himmelskörper. Die Unterscheidung ist wichtig. Jolle de Gravelaine beschreibt in ihrem 1990 erschienenen Buch Lilith - Der Schwarze Mond den zweiten Brennpunkt der Mondbahn. Und dieser hat astronomisch nichts mit dem geheimnisvollen Himmelskörper Lilith zu tun, den wir hier beschreiben, und er hat auch völlig andere Umlaufzeiten.