In ihrem neuen, ebenso intelligenten wie poetischen Buch "Die Planeten" nimmt uns Dava Sobel mit auf eine Sternenreise der besonderen Art. Wie schon mit dem Weltbestseller Längengrad ist ihr ein großer Wurf gelungen.Dava Sobel ist sich und ihrer unnachahmlichen Art, Wissenschaft erzählerisch und packend zu vermitteln, treu geblieben. In einem historischen Moment, da Astronomen den Blick in unvorstellbar weit entfernte Sphären richten und dabei auf unzählige weitere Sonnensysteme stoßen, zeigt Sobel in faszinierender Weise, welch lange und bedeutungsvolle Beziehung uns Menschen mit den Planeten unseres eigenen Sonnensystems verbindet.Wer nach den Sternen fragt, so die Botschaft dieses charmanten und klugen Buches, wird am Ende immer wieder auf der Erde landen. Denn die Geschichte der neun Planeten und ihrer Sonne ist nicht nur die Geschichte der Menschen, die sie entdeckt und erforscht haben, sie handelt auch davon, wie wir Menschen seit jeher versucht haben, ihnen in Mythologie, Kunst und Literatur eine Bedeutung zuzuschreiben.
Dava Sobel (1947) ist eine vielfach ausgezeichnete Wissenschaftsredakteurin der New York Times. Weltweit bekannt wurde sie als Autorin des Bestsellers Längengrad, mit dem sie eine völlig neue und überaus erfolgreiche Form des populären Wissenschafts-Sachbuchs begründete. Dava Sobel lebt in East Hampton und in New York.
Seite 23-27Vor etwa fünf Milliarden Jahren entstand in einer spärlich besiedelten Region der Milchstraße unser Stern, die Sonne, aus einer riesigen Wolke kalten Wasserstoffs und alten interstellaren Staubs. Störungen, wie beispielsweise die Schockwelle einer nahen Sternenexplosion, müssen in der Wolke widergehallt und ihren Kollaps beschleunigt haben: Weit verstreute Atome ballten sich unter Einwirkung der Massenanziehung zu Klümpchen zusammen, die sich ihrerseits immer rasanter aneinander lagerten. Die plötzliche Kontraktion der Wolke ließ deren Temperatur ansteigen und versetzte sie in Rotation. Aus dem diffusen, kalten Schwaden war nun ein dichter, heißer, kugelförmiger “Proto-Sonnennebel“ geworden, der kurz vor seiner Geburt als Stern stand.Der Nebel flachte sich zu einer Scheibe mit einer zentralen Ausbuchtung ab, und hier, im Herzen der Scheibe, leuchtete die Sonne auf. In dem Moment, in dem die Sonne in dem mehrere Millionen Grad heißen Inferno ihres Kerns mit dem selbst verzehrenden Wasserstoffbrennen begann, brachte der nach außen gerichtete Energiedruck den Gravitationskollaps nach innen zum Stillstand. In den folgenden Jahrmillionen bildeten sich die übrigen Bestandteile des Sonnensystems aus dem rund um die Babysonne verbliebenen Gas und Staub.Im Buch Genesis wird erzählt, wie der erste Mensch aus Erdstaub geformt und durch den Lebensodem beseelt wurde. Der allgegenwärtige Staub im frühen Sonnensystem – Kohlenstofftupfen, Silikonsprenkel, Ammoniakmoleküle, Eiskristalle – lagerte sich nach und nach zu “Planetesimalen“ zusammen, kleinen meteorähnlichen Körpern, welche gleichsam die Kristallkeime oder Frühstadien der Planeten bildeten.Selbst während ihres Wachstums aus eigener Kraft bewahrten die Planeten ihre Individualität, denn ein jeder reicherte die Stoffe in sich an, die gerade an seiner Position im Nebel vorhanden waren. An der heißesten Stelle nahe der Sonne formte sich Merkur aus größtenteils metallischem Staub, während Venus und Erde dort heranwuchsen, wo Steinstaub und Metalle in großer Menge vorhanden waren. Gleich hinter Mars bedienten sich Zehntausende felsiger “Planetesimale“ aus den reichen Kohlenstoffvorkommen, doch es gelang ihnen nicht, zu einem größeren Planeten zusammenzuwachsen. Diese Haufen unvollendeter Welten, Asteroiden (Planetoiden) genannt, durchstreifen noch immer die breite Zone zwischen Mars und Jupiter, und ihr Revier, der “Asteroidengürtel“, kennzeichnet die große Scheide des Sonnensystems: Auf der sonnennahen Seite des Asteroidengürtels liegen die erdartigen Planeten. Auf der sonnenabgewandten Seite wuchsen die eisigen Gasriesen heran.Die Planetesimale in größerer Entfernung von der Sonne und bei demzufolge niedrigeren Temperaturen nahmen große Mengen gefrorenen Wassers und anderer wasserstoffhaltiger Verbindungen auf. Der erste dieser Urkörper, der beachtliche Ausmaße erreichte, zog dann reichlich Wasserstoffgas an und schloss es in seinem Schwerefeld ein; so entstand Jupiter, der Mammutplanet, dessen Masse doppelt so groß ist wie die aller anderen Planeten des Sonnensystems zusammengenommen. Auch Saturn blähte sich mit Hilfe von Gas auf. Noch weiter weg von der Sonne, wo der Staub sogar noch kälter und spärlicher war, dauerte die Entstehung der Planetesimale länger. Zu der Zeit, als Uranus und Neptun genügend Masse angesammelt hatten, um sich mit Wasserstoff aufzupolstern, hatte sich der Großteil dieses Gases bereits verflüchtigt. An jenem sonnenfernen Ort, an dem sich Pluto bildete, standen nur noch Gesteinstrümmer und Eisstücke zur Verfügung.Während der Zeit, in der sich die Planeten bildeten, flogen kosmische Projektile wie Racheengel durch das junge Sonnensystem. Welten prallten zusammen. Eiskörper schlugen auf der Erde auf und setzten Ozeane voll Wasser frei. Riesige Felsbrocken ließen Feuer und Asche regnen. Bei einem solchen Kataklysma vor viereinhalb Milliarden Jahren bohrte sich ein rasendes marsgroßes Objekt (etwa halb so groß wie die Erde) in die Erde. Durch den Aufprall wurde schmelzflüssiger Schutt in den erdnahen Weltraum geschleudert, wo er sich in Form einer Scheibe sammelte, die eine Umlaufbahn um die Erde beschrieb, ehe sie sich abkühlte und als Mond verfestigte.Kurz darauf, vor etwa vier Milliarden Jahren, endeten die “gewaltsamen“ Anfänge des Sonnensystems mit einem abschließenden Ausbruch, der anschaulich als “das letzte schwere Bombardement“ bezeichnet wird. In jener grauen Urzeit stürzten viele umherziehende Planetesimale in vorhandene Planeten, die sich diese sogleich einverleibten. Große Mengen anderer Kleinkörper wurden durch gravitative Wechselwirkungen mit den Riesenplaneten gewaltsam in ein fernes Niemandsland im äußeren Sonnensystem geschleudert.Die junge Sonne beleuchtete die Planeten zunächst nur schwach, doch im Lauf der ersten zwei Milliarden Jahre ihres Daseins wurde sie dann in dem Maße, wie sich Helium in ihrem Kern anreicherte, allmählich immer heißer und strahlkräftiger. Gegenwärtig, in ihrem mittleren Lebensalter, nimmt die Leuchtkraft der Sonne weiterhin zu, während sie jede Sekunde 700 Millionen Tonnen Wasserstoff in Helium umwandelt. Trotz dieses gigantischen Verbrauchs gewährleisten die riesigen solaren Wasserstoffspeicher, dass die Sonne noch weitere drei bis fünf Milliarden Jahre zuverlässig Licht spenden wird. Doch in dem Maße, wie die Sonne schließlich auf Heliumbrennen umstellt, wird sie unvermeidlich so heiß werden, dass sie die Meere auf der Erde verdampfen lässt und das von ihr gestiftete Leben verglüht. Der für das Heliumbrennen erforderliche Temperaturanstieg um das Zehnfache wird dazu führen, dass die dann noch heißere Sonne rot wird und kräftig anschwillt, bis sie die Planeten Merkur und Venus verschlingt und die Erdoberfläche zum Schmelzen bringt. 100 Millionen Jahre später, wenn die Sonne noch mehr Helium zu Kohlenstoffasche abgebaut hat, wird sie ihre äußeren Schichten abstoßen. Ein größerer Stern könnte jetzt zum Kohlenstoffbrennen übergehen, doch unsere Sonne, nach kosmischen Maßstäben ein ziemlich kleiner Stern, wird dies nicht können. Stattdessen wird sie als Glut schwelen und ein verblassendes Licht auf die verkohlten Schlacken werfen, auf denen Gott einst unter den Menschen wandelte. Diese düstere Zukunft liegt allerdings in so weiter Ferne, dass den Nachkommen von Adam und Noah reichlich Zeit bleibt, eine neue Heimstatt zu finden.
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