Seit dem Mittelalter gilt die geomantische Punktierkunst als die kleinere Schwester der Astrologie. Ihre Basis bilden die vier Elemente. Sie ist nicht nur ein wichtiger Teil der abendländischen Tradition, sondern auch eine höchst praktikable Orakeltechnik. Viele Methoden sind der klassischen Horoskopdeutung entnommen, doch es gibt auch Unterschiede und Eigenarten. Der Vorteil ist: In kürzester Zeit lässt sich ein Horoskop erstellen und in all seiner Vielfalt interpretieren. Alexander Nitzbergs Lehrbuch erläutert alle notwendigen Schritte – vom Einfachen hin zum Komplexen – und illustriert sie mit zahlreichen Beispielen.
name_of_author wurde 1969 in einer Künstlerfamilie in Moskau geboren. (Mutter Schauspielerin, Vater Maler und Bildhauer). 1980 reiste er nach Deutschland aus. Er studierte Germanistik und Philosophie in Düsseldorf und lebt nun als freier Schriftsteller, Übersetzer, Publizist, Librettist und Rezitator in Wien.
Was ist Geomantie?
Der mittelalterliche Terminus Geomantia bedeutet wörtlich »Weissagung mittels der Erde« (vom Griechischen geomanteia). Doch ist dieser Begriff, der höchstwahrscheinlich im 12. Jahrhundert vom ersten Übersetzer geomantischer Literatur aus dem Arabischen ins Lateinische stammt, irreführend: Beim geomantischen Orakel steht die Erde weder als Planet noch als Gottheit noch als Element im Zentrum des Geschehens. Selbst die Tatsache, dass die geomantischen Figuren ursprünglich im Sand gezeichnet wurden, reicht nicht aus, um von der Wirkung der Erdkraft sprechen zu können. (Sonst müsste man ja auch das Tarot-Lesen als Erdorakel bezeichnen, denn schließlich werden dort die Karten genauso auf eine Oberfläche gelegt.)Die Geomantie vollzieht sich mithilfe aller vier Elemente und ihrer Kombinationen untereinander. Daher steht das Wort Geo- gewissermaßen für die Welt als Ganzes, für den platonischen Mischkrug, in dem alle Anteile sinnvoll verrührt werden. Und natürlich dürfen die vier klassischen Elemente nicht mit den herkömmlichen Stoffen verwechselt werden. Es sind vielmehr die vier Grundprinzipien, aus denen ‒ in unterschiedlicher Zusammensetzung ‒ alle Dinge bestehen. Das Feuer ist das Prinzip des Geistes, des Willens, des drängenden Impulses zum Sein. Die Luft ist die gedankliche Konzeption, gleichsam der ideelle Plan. Das Wasser ist das Prinzip des Lebens, der sinnlichen Wahrnehmung und Empfindung. Die Erde ist schließlich das Manifeste, das Formgewordene, die Gestalt. Als Prinzipien sind die Elemente rein, während das herkömmliche irdische Feuer bereits aus der Mischung der vier Elemente besteht, ebenso wie die Luft, das Wasser und die Erde (wobei in ihnen das gleichnamige Element selbstverständlich am stärksten vertreten ist).
Wie ließe sich die Funktionsweise der Geomantie kurz zusammenfassen? ‒ Es ist eine Art »Kopf oder Zahl«, doch bezogen auf alle vier Elemente zugleich! Stellen Sie sich vor, wir brauchen Entscheidungshilfe, werfen eine Münze, und diese sagt uns »ja« oder »nein«. Der Vorteil dieser Antwort liegt – im wahrsten Sinne des Wortes – auf der Hand: Sie ist eindeutig und nicht verhandelbar. »Ja« heißt »ja« und »nein« heißt »nein«. Der Nachteil ist ebenfalls leicht zu erkennen: Nicht jede Situation lässt sich, in ihrer Ganzheit betrachtet, auf das simplifizierende Ja-Nein-Schema stutzen. Was also sagt uns der Münzenwurf? Oder besser formuliert: Auf welcher Ebene erfolgt hier die Antwort? Auf der Ebene des Geistes, des Schicksals, des göttlichen Willens, ohne Rücksicht auf die Details. Es ist der ganz große Blick von oben. Dies entspricht der Sphäre des Feuers. Richten wir allerdings unsere Frage nicht an eines, sondern an alle vier Elemente, erhalten wir eine wesentlich umfassendere Antwort!
In der Geomantie haben wir es mit sechzehn Figuren zu tun, die sämtliche Kombinationen der vier Elemente darstellen
Die oberste Reihe der Figuren (genannt »Kopf«) steht für das Feuer, die zweite (»Hals«) für Luft, die dritte (»Rumpf«) für Wasser und die vierte (»Füße«) für Erde. Das binäre Prinzip der Münze bestimmt, ob die jeweilige Sphäre aktiv (+) oder passiv (–) ist. Denn ein Element kann nach außen wirken oder seine Kraft nach innen richten. Das Aktive ist »männlich« und zeugend, das Passive »weiblich«, empfangend. In einer Figur wird der tätige Impuls durch einen einzelnen Punkt symbolisiert, der duldige Zustand durch zwei Punkte. Um eine einfache Antwort zu bekommen, muss der Geomant also nicht nur einmal, sondern viermal die Münze werfen! Betrachten wir zum Beispiel die folgende Figur:
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