Besteht ein erkennbarer Zusammenhang zwischen Horoskopen von Familienmitgliedern über mehrere Generationen hinweg? Liz Greene geht dieser Frage anhand von Fallbeispielen nach. Ebenso analysiert sie Lebensläufe und Horoskope von Menschen, die vom Schicksal stark gezeichnet zu sein scheinen. In Verbindung hiermit untersucht die Autorin, was Schicksal eigentlich bedeutet. Haben wir einen freien Willen oder sind es die Götter oder die Erbanlagen, die uns bestimmen? Novalis sagte, Schicksal und Seele seien zwei Namen für das gleiche Prinzip. Mit diesem Buch können Sie einen Zugang zu Ihren eigenen Schicksalskräften finden.
Die Schicksalsfrage und Freiheit des Willens
Das Ziel dieses Buches ist, wie die griechischen Schicksalsgöttinnen selbst, dreifältig. Zunächst geht es mir darum, der Schicksalsfrage genauer nachzugehen. Ich habe keine Antworten parat auf die fundamentale Frage, ob wir nun schicksalsgebunden oder frei sind; wenn ich vor eine solch unlösbare Frage gestellt bin, dann neige ich dazu, ein wenig hilflos: «beides» zu sagen. Ich weiß nicht, was das Schicksal in einem genau definierten metaphysischen oder theologischen Sinn ist; Philosophie und Religion beschäftigen sich mit diesem Problem auf einer viel gelehrteren Ebene, als ich das kann. Wenn Apuläus von Madaura mit Gewissheit vom doppelten Schicksal spricht – dem Schicksal als Energie und dem Schicksal als Substanz – oder wenn Chrysippos annimmt, dass sogar unsere Gedanken schicksalsgegeben sind, so fällt es mir schwer, dem etwas entgegenzusetzen. Im Laufe der Jahrhunderte hat man auf vielerlei Weise versucht, das Schicksal zu definieren, und die Schlüsse, zu denen man gekommen ist, unterscheiden sich zuweilen sehr voneinander. Ich weiß nicht mit Gewissheit, ob es möglich ist, das Schicksal zu ändern oder ob das Schicksal sich selbst ändert oder was «ändern» überhaupt bedeutet, obwohl ich mich mit der Frage beschäftigt habe, was «es» ist, das während eines Prozesses wie der Psychotherapie «Wandlungen» bewirkt. Ich weiß auch nicht, ob manche Menschen mehr schicksalsgebunden sind als andere, obwohl man das, von außen betrachtet, leicht annehmen könnte. Manchmal jedoch ist es eher das Stellen einer Frage, das Türen öffnet, als die hartnäckige Suche nach einer unzweideutigen Antwort.
Fragen, die sich mit so unergründlichen Dingen wie der menschlichen Freiheit oder ihrem Fehlen beschäftigen, haben jedoch, wenn man sie ernst nimmt, die Tendenz, im Fragenden eine recht unangenehme Ambivalenz hervorzurufen. Es scheint so, als sei es sicherer, nicht zu fragen, sondern das Problem zu ignorieren oder sich darüber zu erheben; hat man einmal gefragt, so hat man durch das Formulieren der Frage die schützende Hülle von dem tiefen und geheimnisvollen menschlichen Dilemma, einer Quelle des Leidens, genommen. Ist man sich dieses Dilemmas einmal bewusst und findet nicht sofort eine Antwort, so fühlt man sich zerrissen und in der Schwebe zwischen den Gegensätzen, wie jemand, der an einem Kreuz hängt. Dieses Problem lässt sich mit einer enttäuschend einfachen Frage auf menschliche Maßstäbe bringen: Wenn man von starken Impulsen oder Wünschen, die aus der Psyche aufbrechen, heimgesucht wird – soll man sie dann ausleben, weil sie schicksalgegeben sind, oder soll man versuchen, sie zu unterdrücken oder unter Kontrolle zu halten? Gibt es vielleicht eine dritte Möglichkeit, die die unvermeidliche Erfahrung ermöglicht, den ganzen Menschen aber doch moralisch auf die Probe stellt? Das ist keine einfache Frage, wie jeder Psychotherapeut weiß, denn manchmal kann der Einzelne sich selbst nicht helfen und manchmal kann er es; manchmal soll er sich gar nicht selbst helfen und manchmal muss er es. Dieses Dilemma durchzieht auch die Geschichte vom Verrat und von der Kreuzigung Christi. Solch eine Spannung zwischen den Gegensätzen mag vertiefen und bereichern, sie kann aber auch lähmen. Vertiefung und Hin-und-her-gerissen-Sein ist nicht jedermanns Sache; sonst würden wir uns wohl auf kollektiver Ebene nicht so vor der Frage drücken. Diese Zerrissenheit raubt uns jede Sicherheit, ob auf der Seite der Moral oder der Unmoral, des Schicksals oder der Freiheit. Und wie viele von uns würden es wagen, wie Sokrates zu akzeptieren, dass die Wurzel allen Wissens in der Erkenntnis liegt, dass wir nichts wissen?
Die zweite Absicht dieses Buches ist ein Versuch, die Abwehr, ja sogar Wut zu verstehen, die das Thema Schicksal besonders bei meinen astrologischen Studenten und Kollegen und bei meinen Analytiker-Kollegen hervorruft. Es gibt keinen modernen Beruf, der einen Menschen der Schicksalserfahrung näherbringt, als den des Astrologen, außer vielleicht den des Therapeuten. Der Streit zwischen Lebensplan und Trend ist für einen Menschen wichtig, dessen Leben noch nicht tief greifend mit dem Schicksal in Berührung gekommen ist: der physisch oder psychisch gesunde Mensch, der vor einer Entscheidung steht, der eine Berufsberatung wünscht, der unsicher über seinen weiteren Lebensweg ist oder mehr über sich selbst lernen will. Das sind jedoch nicht die einzigen Klienten, die um astrologischen Rat bitten. Wären sie es, so wäre unsere Arbeit immer angenehm und würde uns nie wirklich herausfordern. Es gibt jedoch Menschen, die von einem inneren daimon oder Drang gequält werden, die vergeblich gegen das kämpfen, was sie als ihren eigenen Schatten erfahren; die durch nicht frei gewählte Kindheitserlebnisse bis zur Unkenntlichkeit deformiert sind, die durch eine numinose oder gar überpersönliche Erfahrung erschüttert wurden und nun etwas ihnen sehr Liebes opfern müssen; die physisch verstümmelt sind durch Unfall, Krankheit oder Erbe; die ungerechte Verluste oder unverdiente Trennungen erlitten oder kollektive Schrecknisse erlebt haben, wie den Krieg in Deutschland, die Nachkriegszeit in der Tschechoslowakei oder in Nordirland; die vergewaltigt, ausgeraubt, geplündert oder missbraucht wurden; die verrückt waren oder werden, weil ihre verrückten Familien sie als Symptomträger und Sündenböcke ausgewählt haben. Ferner sind auch begabte Menschen nicht frei von Leiden, denn die Gabe von Talenten und Erkenntnissen oder selbst dessen, was wir «Glück» nennen, prägt einen Menschen ebenso sicher wie irgendeine Deformation und treibt ihn aus der Gemeinschaft in eine geistige Isolation, die ebenfalls irgendeine Antwort fordert. Angesichts dieser Aufzählung offensichtlich unverdienter menschlicher Leiden kann ich keine gängigen Phrasen von mir geben. Während eines Workshops sagte mir einmal eine Frau mit selbstgewisser Stimme, dass Menschen nie mehr auferlegt wird, als sie tragen können. Ein kurzer Besuch in einem Krankenhaus oder in einer psychiatrischen Klinik jedoch scheint eine solche Aussage ad absurdum zu führen. Ich kann nicht so leichthin über karma sprechen, wie das viele Astrologen tun, und damit implizieren, dass ein Problem etwas mit den früheren Inkarnationen des betreffenden Menschen zu tun hat, dass er sich also keine Sorgen machen müsse, dass er die Augen schließen und die Däumchen drehen könne; ich kann ebenso wenig annehmen, dass der Einzelne diese Dinge aus seinen gewissen «Anlagen» heraus so «gemacht» hat, weil er persönlich dümmer oder schuldiger als die meisten anderen ist. Ich muss ehrlich sagen, dass ich nicht weiß, was «es» ist, und da ich es nicht weiß, möchte ich versuchen, mehr davon zu verstehen, was dieses «es» sein mag. Wie bei vielen Menschen löst die Begegnung mit großem Leiden bei mir die Frage nach dem Sinn aus. Für mich jedoch führen die Wege der menschlichen Perversität und der Katastrophen nicht zwangsläufig in die tröstenden, väterlichen Arme eines gütigen jüdisch-christlichen Gottes, den wir nicht in Frage stellen dürfen; ebenso wenig führen sie zur Anklage gegen die Gesellschaft als der Quelle allen Übels.
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